1 Frau und 4 Männer sitzen um einen Tisch herum auf dem sehr viele Fotos liegen.
Die "Zeitdetektive" bei der Arbeit. Foto: sbb

Fortsetzung Startseite "Zeitdetektive aus dem Rathauskeller!

...

Alle 14 Tage dienstags von 18 Uhr trifft sich die Gruppe im Keller des Rathauses, um Neuzugänge an historischem Material zu sichten, zu sortieren, in einen zeitlichen Kontext zu bringen und zu digitalisieren. „Moderne Archivarbeit hat immer weniger mit dem klassischen Bild der staubigen Akten zu tun. Denn jede Arbeit wird digitaler. Dies sichert nicht nur Kulturgut, es erleichtert auch die Recherche, denn das Samtgemeindearchiv versteht sich als Dienstleister für Mitarbeiteer der Samtgemeindeverwaltung und für Forschende oder Privat“, erklärt von Husen. Im neuen Blog nimmt er mit „Hinter die Kulissen“.

 

Die Aufgaben in der Archivgruppe sind klar verteilt: „Die Herren scannen das historische Material, die Damen die Zeitungsartikel“, beschreibt von Husen. „Was uns in der Gruppe noch fehlt, sind Bürger aus Marl und Brockum“, gibt er zu bedenken und hofft, dass sich Freiwillige und an Lokalgeschichte Interessierte finden. Gern auch junge Bürger. Und Bürger wie Stubbe, Friedl und Binnewitt mit dem „gewissen Blick von außen auf die Samtgemeinde“. Die drei sind nämlich keine hier Geborenen, sondern stammen aus der Lüneburger Heide (Stubbe), aus Bünde (Binnewitt) und Thüringen (Friedl). Binnewitt kommt ins Schwärmen: „Ich bin in Bünde geboren, war als Kind mit den Eltern am Dümmer und dann 35 Jahre in Frankfurt und habe mich zur Rente in Lemförde und seine besondere Geschichte verliebt.“ Ihre Wahlheimat ist ihr so ans Herz gewachsen, dass sie dem Aufruf sofort nachkam. „Wie kann ich mehr lernen als mit dem Schmökern in der Geschichte?“. Monika Stubbe wollte mehr über Lembruch, den Dümmer und die Region erfahren, als sie von ihrem Mann Ralf wusste. Harald Friedl interessieren alte Karten und er möchte, wenn er demnächst in Rente geht, sich noch viel mehr engagieren. Andre Rogge ist Informatiker und der perfekte Part in der Gruppe für die Digitalisierung. „Ich finde Geschichte und die Archivierung sehr spannend“, sagt der Youngster im Team. Bruno Matzke: „Er ist einfach ein Alleswisser über Hüde und Lembruch und ein Profi in Ortsgeschichte“, sagt von Husen. Mit ihm hat er bereits die zwei Chronikbände über Hüde erarbeitet.

 

Montagabend liegt ein riesiger Haufen Fotos und Postkarten auf dem großen Tisch. Ungeordnet, zeitlich different. Daneben ein Stapel wunderbarer Fotoalben, aus der Zeit, als noch Wert auf Ausführung der Kladde gelegt wurde, die Fotos mit Fotoecken eingesteckt und mit zarter Pergamentseite zum Schutz getrennt. Schwarz-weiß, Sepia oder in den typischen Farben der 1970/80er Jahre, mit glattem oder geriffeltem Rand. Zwei wunderbare Keks- und Mehldosen, leicht angerostet, runden den Fundus ab. „Das hat mir alles Frau Niemeyer aus Diepholz übereignet“, erklärt von Husen. Niemeyer, Diepholz? So fängt immer die Recherchearbeit an. Schwarmintelligenz und Teamspirit treibt die Archivare an. Jeder weiß was und schmeißt man zusammen, entsteht ein fast vollständiges Bild.

 

Wie immer bekommen die Mitarbeiter auch an diesem Abend „Hausaufgaben“. Fotos müssen eingescannt, beschriftet und in der Region eingeordnet werden. „Ein Problem ist immer, das kennt jeder Nachfahre bei Auflösung eines Haushaltes, dass Bilder nicht beschriftet sind. Kennt man die Person nicht oder kann man bei ganz alten Fotografien die Sütterlinschrift nicht entziffern, wird es schwer“, weiß von Husen. Dann kämen er und sein Team ins Spiel. Familienbilder werden zu Zeitzeugen und dokumentieren Arbeits- und Lebenswelt und damit Zeitgeschichte. „Bilder sind konservierte Erinnerungen, die sich mit den Erzählungen der Familienangehörigen zu einer Geschichte entfalten“, schwärmt von Husen. Da er jetzt Hilfe hat und noch auf weitere hofft, leistet die Gruppe eine „klassische doppelte Buchführung“.

 

Verbleibt der Fundus im Lemförder Archiv, wandern die Zeugnisse in einen schwarzen Karton und ins klimatisierte Archiv. Aber nicht, bevor sie nicht digitalisiert sind. „Aber wer weiß, wie das mit der Technik und der Lesbarkeit weitergeht“. „Papier überdauert Jahrhunderte“, kommentiert Fachfrau Monika Stubbe, die lange in der Papierindustrie tätig. Das digitale Findbuch wird Pool für Dokumente mit Signatur, Titel und Laufzeit. Die Zusammenstellung erfolgt nach Sachgebieten und nach biographischen, topografischen und sachlichen Gesichtspunkten. Am Beispiel von vier Fotografien von Anselm Höfelmeier aus Hüde, die einen Trauerzug in der NS-Zeit zeigen, verdeutlicht von Husen, wie schwierig stumme, bildliche Dokumente sind, wenn kein Zeitzeuge sagen kann oder will: „Den oder die kannte ich“.

 

Hier beginnt die Herausforderung für die Archivmitarbeiter: „Denn der auf dem Bild festgehaltene Moment lässt sich bisher weder näher datieren, noch sind der Hintergrund der Beerdigung oder die Namen der Beteiligten bekannt. Das fehlende Grün an den Bäumen stützt die Annahme, dass die Beerdigung in den Monaten Oktober bis April stattgefunden haben dürfte. Wohnort der/des Verstorbenen könnte der Bereich östlich der Bundesstraße 51, vielleicht auch das Marler Fladder gewesen sein“, so steht es im Blog. Die Arbeit wie beim Fernsehformat „Aktenzeichen XY“ beginnt. Sachdienliche Hinweise sind erwünscht.

 

Wer Pläne, Fotos, Schriften und Dokumente zur Historie der Samtgemeinde besitzt oder wer beraten werden möchte, ist herzlich eingeladen das Archiv zu kontaktieren. Von Husen ist wichtig zu informieren, wie Archivarbeit funktioniert und wie spannend sie ist.

 

News

Neuester Beitrag 9/2025 im Archiv-Blog auf der Homepage der Samtgemeinde Lemförde: „Vor hundert Jahren: Das Kreistierschaufest mit Gewerbeausstellung in Lemförde 1925“.

 

Kontakt

Ansprechpartner Ludger von Husen,

Tel. 05443/20961 (donnerstags 10 bis 12 Uhr),

E-Mail: ludger.von-husen@lemfoerde.de

 

Bericht und Fotos stammen aus dem Heft "Panorama" Beilage viertel-/halbj. des Diepholzer Kreisblattes.

Historische Fotos. BruM


Blicke in die Lemförder Vergangenheit

Sechs Menschen sitzen um einen Tisch auf dem alte Fotografien liegen.
Zeitdetektive im Lemförder Rathauskeller

Februar 2025. Der Archiv-Blog „Fotos und Dokumente erzählen Geschichte(n)“ ist seit dem Jubiläum des Flecken Lemförde im Jahr 2023 stattlich gewachsen. Eigentlich war der Blog nur als temporäres Angebot begleitend zum Jubiläum gedacht. Bei Archivar Ludger von Husen kamen aber so viele Nachfragen, dass er Anfang letzten Jahres einen Aufruf startete und um ehrenamtliche Hilfe bat, um den Blog weiterentwickeln zu können. Sechs interessierte Bürger meldeten sich bei ihm: Bruno Matzke (Hüde), Andre Rogge (Quernheim), Rita Binnewitt (Lemförde), Monika Stubbe (Lembruch) und Harald Friedl (Lemförde/Wehdem). Auch ein Jahr später „sind alle noch an Bord“, freut sich von Husen, bei dem alle Fäden zusammenlaufen. Und der, wie er sagt, die „historische Datenbank“ im Hirn hat.

 

Wer Pläne, Fotos, Schriften und Dokumente zur Historie der Samtgemeinde besitzt und sie teilen möchte, ist eingeladen, das Archiv zu kontaktieren. Ansprechpartner ist Ludger von Husen, Tel. 05443/20961 (donnerstags 10 bis 12 Uhr), E-Mail: ludger.von-husen@lemfoerde.de

2 Männer in einem Archiv
Blick in das klimatisierte Lemförder Archiv.

 Alle 14 Tage dienstags um 18 Uhr trifft sich die an Geschichte interessierte Gruppe im Keller des Lemförder Rathauses, um den Nachschub an historischem Material zu sichten, zu sortieren, in einen zeitlichen Kontext zu bringen und zu digitalisieren. „Was uns in der Gruppe noch fehlt, sind Bürger aus Marl, Stemshorn und Brockum“, gibt von Husen zu bedenken und hofft, dass sich Freiwillige und an Lokalgeschichte Interessierte finden werden. Gern sind auch junge Bürger gefragt oder solche, die wie Stubbe, Friedl und Binnewitt mit dem „gewissen Blick von außen auf die Samtgemeinde“ schauen. Die drei sind nämlich nicht im Lemförder Land geboren, sondern stammen aus der Lüneburger Heide (Stubbe), aus Bünde (Binnewitt) und Thüringen (Friedl). Alle wohnen aber in der Samtgemeinde und interessieren sich sehr für die Geschichte. Rita Binnewitt kommt ins Schwärmen: „Ich war als Kind mit den Eltern am Dümmer und dann 35 Jahre in Frankfurt und habe mich als Rentnerin in Lemförde und seine besondere Geschichte verliebt.“ Ihre Wahlheimat ist ihr so ans Herz gewachsen, dass sie dem Aufruf sofort nachkam. „Wie kann ich mehr lernen als mit dem Schmökern in der Geschichte?“

Viele alte Fotos in Schwarz-Weiß, Sepia und Farbe
So viele Bilder, so viele verborgene Geschichten ...

Monika Stubbe wollte mehr über Lembruch, den Dümmer und die Region erfahren, als sie von ihrem Mann Ralf wusste. Harald Friedl interessieren alte Karten, und er möchte, wenn er demnächst in Rente geht, sich noch viel mehr engagieren. Andre Rogge ist Informatiker und der perfekte Part in der Gruppe für die Digitalisierung. „Ich finde Geschichte und die Archivierung sehr spannend“, sagt der Youngster der Truppe. Dann noch Bruno Matzke: „Er ist einfach ein Alleswisser über Hüde und Lembruch und zudem ein Profi in Ortsgeschichte“, sagt von Husen über ihn. Mit ihm gemeinsam hat er bereits die zwei Chronikbände über Hüde bearbeitet.

 

Welche konkreten Aufgaben erledigen aber von Husens Mitstreiter im Lemförder Archiv? Auf dem großen Tisch im Archivar-Büro des Rathauses liegt ein Teil der Antwort: ein riesiger Haufen Fotos. Ungeordnet, auch zeitlich durcheinander. Daneben ein Stapel wunderbarer Fotoalben aus der Zeit, als noch Wert auf Ausführung der Kladde gelegt wurde. Die Fotos sind mit Fotoecken eingesteckt und mit zarten Pergamentseiten voneinander getrennt. Schwarz-weiß, Sepia oder in den typischen Farben der 1970er/80er-Jahre, mit glattem oder geriffeltem Rand. Zwei wunderbare Keks- und Mehldosen, leicht angerostet, runden den Fundus ab. „Das hat mir alles Frau Niemeyer aus Diepholz übereignet“, erklärt von Husen.

Alte, verrostete Keksboxen mit noch älteren Fotografien darin.
2. Leben: Diese Boxen beherbergen jetzt Fotos anstatt Kekse

„Wackers Schorse“? Da klingelt es

 Niemeyer, Diepholz? So fängt immer die Recherchearbeit an. „Das sind Fotos, Postkarten, Dokumente und ein Führerschein zur Hofstelle Wacker in Hagewede.“ Da klingelt es bei den Einheimischen. „Wackers Schorse“, meint Matzke. Und auch Monika Stubbe ist lange genug am Dümmer, um die Hofstelle, die sich längst in die Gaststätte „Zur Eiche“ verwandelt hat, zu kennen. Langsam tasten sich die „Hobby-Geschichtler“ an den Fundus. „Das ist doch der alte Sportplatz, die Theke, könnte das Frau Wacker sein, die die besten Bratkartoffeln der Region machte?“ Schwarmintelligenz und Teamspirit treiben die Archivare an. Und so ist das immer. Jeder weiß was, und schmeißt man zusammen, entsteht ein fast vollständiges Bild.

 

Fast genau vor einem Jahr rief von Husen zur Hilfe auf: „Sie möchten sich ehrenamtlich engagieren? Wir bieten Ihnen die Mitarbeit im Samtgemeindearchiv Lemförde an. Sinnvoll wäre die Mitarbeit für einen längeren Zeitraum, denn das Eingewöhnen in alte Schriften braucht seine Zeit.“ Dieses Anforderungsprofil hat die Helfer nicht abgeschreckt, sondern inspiriert. Sie bekommen auch an diesem Abend „Hausaufgaben“ mit nach Hause. Fotos müssen eingescannt, beschriftet und in der Region eingeordnet werden. „Ein Problem ist immer, das kennt jeder Nachfahre bei Auflösung eines Haushaltes, dass Bilder nicht beschriftet sind. Kennt man die Person nicht oder kann man bei ganz alten Fotografien die deutsche oder Sütterlinschrift nicht entziffern, wird es schwer“, weiß von Husen. Dann kämen er und sein Team ins Spiel.

 

Vermeintliche Familienbilder werden zu Zeitzeugen und dokumentieren Arbeits- und Lebenswelt und damit Zeitgeschichte. „Bilder sind konservierte Erinnerungen, die sich mit den Erzählungen der Familienangehörigen zu einer Geschichte entfalten“, schwärmt von Husen. Da er jetzt Hilfe hat und noch auf weitere hofft, leistet die Gruppe eine „klassische doppelte Buchführung“. Verbleibt der Fundus im Lemförder Archiv, wandern die Zeugnisse in einen schwarzen Karton und ins klimatisierte Archiv. Aber nicht, bevor sie nicht digitalisiert sind. „Aber wer weiß, wie das mit der Technik und der Lesbarkeit weitergeht.“ „Papier überdauert Jahrhunderte“, kommentiert Fachfrau Monika Stubbe, die lange in der Papierindustrie tätig war und ein Lächeln beim Betrachten der über hundert Jahre alten Fotos im Gesicht hat. (sbb)

 

Kontakt

Wer Pläne, Fotos, Schriften und Dokumente zur Historie der Samtgemeinde besitzt und sie teilen möchte, ist eingeladen, das Archiv zu kontaktieren. Ansprechpartner ist Ludger von Husen, Tel. 05443/20961 (donnerstags 10 bis 12 Uhr), E-Mail: ludger.von-husen@lemfoerde.de

 

Quellenangabe: Diepholzer Kreisblatt vom 23.01.2025, Seite 13